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Ein Graswurzel-Buchprojekt der SPH

Aufruf für die Arbeiterkinderklasse

Bewerbungsfrist: 30.11.2020, 23:59 Uhr

Bist Du Arbeiterkind?

Bist Du Arbeiterkind und hast häufig das Gefühl, dass die Ungerechtigkeiten, die Du erfahren hast, in Gesprächen und erst recht in öffentlichen Debatten keinen Platz haben? Du bist es leid, dass all dies entweder unaussprechbar erscheint oder von humorlosem Theoriegeschwurbel vernebelt wird? Du willst nicht nur Deinen sondern auch den Kämpfen Deiner Eltern und Großeltern eine Stimme geben? Oder denkst Du, Du seist politisch nicht genug gebildet, um die richtigen Worte zu finden? Gemeinsam wollen wir unsere Geschichten der Wut erzählen lernen und mit Mut die politische Sprachlosigkeit überwinden …

»Die Arbeiterkinderklasse« ist ein Buchprojekt der SCHOOL OF POLITICAL HOPE (SPH). Arbeiterkinder kommen hier über ihre Klassenherkunft und ihre gesellschaftliche Biografie ins Gespräch. Um dem gegenwärtig wieder aufkommenden Klassenbewusstsein eine leidenschaftliche und kämpferische Stimme zu geben und kollektive Wege hin zu einer solidarischen Gesellschaft zu finden.

Auch wenn die Klassenfrage auf viele wie ein Gespenst aus vergangenen Zeiten wirkt, wird sie aktuell doch endlich wieder salonfähig. In den letzten Jahren sind auch in Deutschland die autobiografischen Romane von Annie Ernaux, Didier Eribon & Co. bekannt geworden. Und auch Jan Böhmermann hat die Arbeiterkinder in der Ankündigungsrede zu seiner Kandidatur um den SPD-Parteivorsitz öffentlich zum Klassenkampf aufgerufen: »Wo sind die Kids aus dem Block?« Jene Arbeiterkids, von denen in Deutschland nur 21 % ein Studium beginnen, bevor es ein Drittel wieder abbrechen muss. Die Vielen, die von Klein auf versuchen, aus einem schier endlosen Tunnel aus Geldsorgen, Demütigungen und Isolation zu entkommen.

Werde Teil der Arbeiterkinderklasse

In der »Arbeiterkinderklasse« dienen Erzählsessions mithilfe von Public Narrative-Arbeit, feministischem Consciousness-Raising und antirassistischem Empowerment der kollektiven Auseinandersetzung mit der Lebensrealität im gegenwärtigen neoliberalen Kapitalismus. Denn Klassismus, Rassismus und Sexismus sind – wie die afroamerikanische Literaturwissenschaftlerin bell hooks gesagt hat – nicht voneinander zu trennen. Die politischen, kulturellen und pädagogischen Räume, die dem Rechnung tragen würden, existieren trotz des Rechtsrucks aber gerade in Deutschland noch zu wenig.

Die Mitglieder der »Arbeiterkinderklasse« wagen deshalb ein Experiment: Sie machen ihre Geschichten öffentlich und schreiben ein Buch, das sie sich alleine zu schreiben nicht trauen würden. Im Spiegel der persönlichen Erfahrungen von Armut, Auf- und Abstieg auf der einen Seite und der politischen Gefühle von Existenzangst, Scham und Schuld auf der anderen Seite entsteht ein vollständigeres, gerechteres Bild einer verunsichernden Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die massive soziale und ökonomische Ungleichheit verschuldet und vererbt. Ja, einer Klassengesellschaft, in der es aber erst langsam überhaupt wieder möglich wird, die Existenz von Klassen nicht mehr verleugnen zu müssen.

Das häufig gefühlte, aber immer noch selten aussprechbare Klassenbewusstsein der Mitglieder der »Arbeiterkinderklasse« erhält so nicht nur einen “safe space”. Vielmehr vertiefen eigene Interviewgespräche mit Familienmitgliedern die persönliche und politische Auseinandersetzung um eine familienbiografische und historische Perspektive. Die Gespräche und die anschließenden kollektiven Reflexionssessions eröffnen Einblicke in die generationenübergreifenden Klassenkampferfahrungen. Sie sind aber auch Inspirationen für aktuelle Kämpfe um Arbeit und Bildung, Geld und Liebe, Gesundheit und Wohnraum, Migration und Zukunft … und ein besseres Leben.

Bewerbung bis zum 30.11.2020 möglich

Bis zum 30. November 2020 können sich alle Interessierten ab 16 Jahren aus dem deutschsprachigen Raum für “Die Arbeiterkinderklasse« bewerben. Die Ansprache von potenziellen Bewerber*innen erfolgt über soziale Medien, persönliche Netzwerke, Forscher*innen, Care-Arbeiter*innen sowie Initiativen und Organisationen wie z. B. »arbeiterkind.de«. Die SPH wählt dann aus den Bewerbungen eine Gruppe von ca. 15 Mitglieder aus. Die Mitgliedschaft in der »Arbeiterkinderklasse« ist kostenlos. Falls finanziell möglich, freuen wir uns über freiwillige (!) Solidaritätsbeiträge.

Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie wird das Projekt bis auf Weiteres online stattfinden. Im Januar 2021 beginnen die wöchentlichen Erzählsessions und im Februar die Interviewgespräche mit Familienmitgliedern mit daran anschließenden Reflexionssessions. Ergänzt wird dies durch Storytelling- und Schreibworkshops. Zum Abschluss werden die Gespräche und Reflexionen im Rahmen einer politischen Graswurzel-Kampagne unter dem Titel »Hier sind die Kids aus dem Block« (AT) als Buchpublikation veröffentlicht. Um auch Menschen jenseits von marxistischen Lesekreisen und akademischen Politgruppen für die neue Klassenfrage zu gewinnen.

Das Projekt wird von Georg Blokus (SPH) politisch, pädagogisch und künstlerisch geleitet. Das Kollegium der SPH arbeitet darüber hinaus bei Konzeption, Organisation, Kommunikation, Produktion und Publikation mit.

Spendet politische Hoffnung

Die SPH erhält bislang keine öffentlichen und privaten Fördergelder. Da wir unsere Kosten für Honorare, Räumlichkeiten, Technik, Öffentlichkeitsarbeit, Material u. v. m. nicht nur aus eigenen Mitteln decken können, sind wir auf Spenden angewiesen. Ohne die Unterstützung unserer bisherigen Kooperationspartner*innen, Freund*innen und Teilnehmer*innen, wären unsere bisherigen Veranstaltungen, Aktionen und Projekte nicht möglich gewesen. Umso mehr freuen wir uns über freiwillige Solidaritätsbeiträge, die es uns ermöglichen, unsere Arbeit langfristig machen zu können. Wer nichts spenden kann, ist jedoch genauso herzlich willkommen.

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