»The end of history will be a very sad time. The struggle for recognition, the willingness to risk one’s life for a purely abstract goal, the worldwide ideological struggle that called forth daring, courage, imagination, and idealism, will be replaced by economic calculation, the endless solving of technical problems, environmental concerns, and the satisfaction of sophisticated consumer demands. In the post-historical period there will be neither art nor philosophy, just the perpetual caretaking of the museum of human history.«

FRAN­CIS FUKUYAMA
The End of His­tory? (1989)

In den all­täg­lich geworden­en Kris­en­na­chricht­en und an dem allge­gen­wärti­gen Gefühl der Ohn­macht und Verz­wei­flung und des Weltschmerzes, den sie in uns aus­lösen, können wir live beo­bacht­en, wie das polit­ische Begehren nach Human­ität und Solid­ar­ität vor unser­en Augen in Zeit­lupe zusammenbricht.

Im Rah­men des Pro­grammschwer­punkts »THROUGH THE DARK. Über Leben in autor­itären Zeiten« des Volk­skun­demu­seums Wien geht das DIS­OR­GAN­IZED DESIRE SYM­POSI­UM von dieser neuen zutiefst ver­unsich­er­enden und ver­wir­renden Nor­mal­ität aus und stellt die Frage, wie polit­isches Han­deln in dieser ori­entier­ungslosen Situ­ation neu gedacht und gemacht wer­den muss, um uns alle aus dem wahnhaften Stru­del des kollekt­iven polit­ischen Suiz­ids herauszuziehen. War­um aber begehren ‘die Massen’ heute über­haupt den neuen Faschis­mus? Wie können polit­ische Gefühle wie Trauer, Wut und Angst in Hoffnung, Mut und Freude trans­formiert wer­den, um eine Politik jen­seits von Fatal­is­mus und Zyn­is­mus zu entwickeln?

Die SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE um den polit­ischen Kur­at­or, Organ­izer und Bild­ner Georg Blok­us und seine Kolleginnen Elisa Calosi und Csen­ge Schneider-Lon­hart (in Eng­lisch) laden zu diesem Anlass polit­ische Bildner:innen, Aktivist:innen, Organizer:innen, Theoretiker:innen und Künstler:innen ein, um in Talks, Work­shops und Diskus­sion­en mitein­ander zu sprechen und vonein­ander zu lernen, wie polit­ische Gefühle und Bez­iehun­gen organ­is­iert, Geschicht­en von Klassen- und Migra­tion­ser­fahrung gegen die Resig­na­tion erzählt und der Kampf für eine Welt jen­seits der polit­ischen Depres­sion, in der für alle gesor­gt ist, wieder­belebt wer­den können.

Die geladen­en Gäste* sind der polit­ische Bild­ner und Bildungs­forscher Jan Nigge­mann, die Kul­tur­the­or­etiker­in und Poet­in Sofia Bem­peza (in Eng­lisch), die Schrift­s­teller­in und polit­ische Kom­ment­at­or­in Olja Alvir, die Lin­guistin und polit­ische Bild­ner­in zu Anti­r­assismus und Klasse Kübra Ata­soy und der Autor und Thea­t­er­re­gis­seur Yosi Wanunu (in Eng­lisch). Sie unter­streichen den transna­tionalen, trans­dis­zip­linären und trans­form­at­iven Ans­pruch des Sym­posi­ums zwis­chen polit­ischer Prax­is, Psy­cho­ana­lyse und Poesie als Meth­oden für alle, die Impulse und Inspir­a­tion­en für eine strategis­che Arbeit mit polit­ischen Gefüh­len suchen und bestehende Ansätze nicht als der Weisheit let­zten Schluss ansehen.

Im Rah­men des Sym­posi­ums wer­den die Per­form­ance »Situ­ation Room: Wir sam­meln Erin­ner­ungen an eine (andere) Zukun­ft« von Muham­met Ali Baş gezeigt und die Foto­grafi­en des Pro­jekts »neigh­bors« von Flori­an Rain­er ausgestellt.

* Die ursprüng­lich ein­ge­laden­en polit­ischen Bildner:innen von das kollekt­iv, Rubia Sal­gado und Ger­gana Mineva, mussten leider kur­z­fristig aus ern­sthaften gesund­heit­lichen Gründen absagen.

Überblick

10:00 – 10:45 | BEGRÜS­SUNG & EIN­FÜHRUNG | Von und mit Her­bert Just­nik (Volk­skun­demu­seum Wien), Flori­an Rain­er (»neigh­bors«) und Georg Blok­us, Elisa Calosi & Csen­ge Schneider-Lon­hart (in Eng­lisch) (SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE)

10:45 – 11:15 | KEY­NOTE SPEECH | Lose Your Self: Hoffnung zwis­chen Not und Wendigkeit von Jan Niggemann

11:15 – 11:30 | PAUSE

11:30 – 12:00 | TALK | Für eine Welt jen­seits des kapit­al­istischen Real­is­mus!: Polit­ische Leidenschaften durch Kul­tur, Bildung und Organ­iz­ing kul­tivier­en von Georg Blok­us (SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE)

12:00 – 13:00 | WORK­SHOP | Polit­ische Gefühle, Bez­iehun­gen und Geschicht­en: Wie wir gemein­sam Für­sorge, Ver­trauen und Macht organ­is­ier­en von SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE

13:00 – 14:00 | MIT­TA­GESSEN | Präsent­a­tion der Aus­s­tel­lung »neigh­bors« von Flori­an Rainer

14:00 – 15:00 | WORK­SHOP FORTSET­ZUNG von SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE

15:00 – 15:30 | PAUSE

15:30 – 16:30 | PRESENT­A­TIONS | Was die Welt im Inner­sten zer­reißt: Poesie, Theat­er und Bildung gegen das Fehlen der Worte von Olja Alvir, Kübra Ata­soy, Sofia Bem­peza & Yosi Wanunu

16:30 – 17:00 | PAUSE

17:00 – 18:30 | WORK­SHOP SES­SIONS | Dem Namen­losen ein­en Namen geben: Mitein­ander polit­isch Sprechen und Schreiben mit Olja Alvir, Kübra Ata­soy, Sofia Bem­peza & Yosi Wanunu

18:30 – 18:45 | PAUSE

18:45 – 19:15 | ABSCHLUSSPRÄSENT­A­TION & ‑DISKUS­SION | SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE

19:15 – 19:30 | PAUSE

19:30 – 20:30 | PER­FORM­ANCE | Situ­ation Room: Wir sam­meln Erin­ner­ungen an eine (andere) Zukun­ft von Muham­met Ali Baş

20:30 – 22:00 | ABEND­SNACK & ZUSAMMENKUNFT

Programm

BEGRÜS­SUNG & EIN­FÜHRUNG | 10:00 – 10:45
Her­bert Just­nik (Volk­skun­demu­seum Wien), Flori­an Rain­er (»neigh­bors«) und Georg Blok­us, Elisa Calosi & Csen­ge Schneider-Lon­hart (in Eng­lisch) (SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE)

KEY­NOTE SPEECH | 10:45 – 11:15
Jan Nigge­mann (Öster­reiches Insti­tut für Erwach­sen­en­bildung & Uni­versität Wien)

Es gibt genug Gründe, depress­iv zu wer­den. Aber niemand sucht sich aus, an Depres­sion­en zu leiden, oder schafft ihr Leid allein ab. Es braucht wahr­schein­lich Ther­apie und radikalen Wan­del in Kom­bin­a­tion. Wenn es stim­mt, dass die Mel­an­cholie, wie Judith But­ler sagt, eine »nieder­ger­wor­fene Rebel­lion« ist, dann bleibt zu fra­gen, ob die Gründe für die Rebel­lion und ihr Scheit­ern weit­er bestehen. Gefühle von Ohn­macht, Verz­wei­flung, Angst und Wut sind nicht die prakt­ische Ant­wort auf das Elend. Aber sie zei­gen jeder die eigen­en und gemein­samen Sack­gassen, aus den­en heraus mög­lich­er­weise Umwälzun­gen stattfind­en können. Dazu braucht es viel­leicht For­men, sich selbst und die Geg­en­wart als Dauer­schleife zu ver­lier­en. Das Ende der Geschichte ist viel­leicht nur das Stoppschild der Ima­gin­a­tion. Wir hof­fen darüber hinaus.

TALK | 11:30 – 12:00
Georg Blok­us (SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE)

Das Psych­is­che ist polit­isch! In Anlehnung an das Konzept des ›kapit­al­istischen Real­is­mus‹ von Mark Fish­er (2009) bilden das Phäno­men der polit­ischen Depres­sion und die ideo­lo­gis­che Erzählung der ver­meint­lichen kapit­al­istischen Altern­at­ivlosigkeit den Aus­gang­spunkt für die polit­ische Organizing‑, Bildungs- und Kul­tur­arbeit der SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE. In diesem Talk wird die Frage erörtert, welche psy­cho­pol­it­ischen Mech­an­is­men, Dynamiken und Struk­turen über die let­zten Jahrzehnte hin­weg dazu bei­getra­gen haben, dass sich Ohn­macht, Apath­ie und Resig­na­tion so stark in Gesell­schaft, Betrieben und sozialen Bewe­gun­gen haben aus­breit­en können. Abschließend wer­den vielver­sprechende strategis­che Ansätze zur Wieder­bele­bung ein­er leidenschaft­lichen anti­de­press­iven Klassen­politik durch trans­form­at­ive Organizing‑, Bildungs- und Kul­tur­arbeit vorgeschlagen.

WORK­SHOP | 12:00 – 13:00
SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE

Angesichts der aktuel­len psy­cho­pol­it­ischen Krise ist es nicht über­ras­chend, dass unzäh­lige Aktivist:innen desil­lu­sioniert aus­brennen, viele Bürger:innen frus­triert ihr Wahlrecht nicht wahrneh­men und ein ander­er Teil der Bevölker­ungen welt­weit aus Res­sen­ti­ment gegenüber Parteien, Medi­en und Politiker:innen gegen ihre eigen­en und die Interessen von sog. Mind­er­heiten wählt, weil Populist:innen und Faschist:innen sie dam­it ver­führen, dass ihre Stim­men so wieder ein­en Unter­schied machen. Hinter dieser zyn­is­chen Kul­tur des Fatal­is­mus und Nihil­is­mus, die kollekt­iven Wider­stand und solid­ar­isches Han­deln in vielen Fäl­len nahezu unmög­lich erschein­en lassen, ver­birgt sich ein über Jahrzehnte hin­weg tief erschüt­tert­er Glauben an Solid­ar­ität, eine Ver­änderbar­keit der Welt und die Vor­stell­barkeit ein­er besser­en Zukun­ft. Die SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE stellt in diesem Work­shop ihre Meth­oden für die Arbeit zur Freile­gung von polit­ischen Gefüh­len, Bez­iehun­gen und Geschicht­en vor. Gemein­sam erproben wir im Erzäh­len und Zuhören, wie wir unsere per­sön­lichen Leiden und Geschicht­en in polit­ische Käm­pfe und Systeme der Für­sorge, Ver­trauen und Macht trans­formier­en können.

WORK­SHOP­FORTSET­ZUNG | 14:00 – 15:00
SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE

PRESENT­A­TIONS | 15:30 – 16:30
Olja Alvir (Uni­versität Wien), Kübra Ata­soy (Asyl in Not), Sofia Bem­peza (Uni­versität für Ange­wandte Kunst Wien) & Yosi Wanunu (tox­ic dreams)

Olja Alvir: Zweifelsarbeit im Desillusionsbattalion

Informier­en. Debat­tier­en. Kom­men­tier­en. Kom­mun­iz­ier­en. Reflektier­en. Organ­is­ier­en. Kooper­i­er­en. Sig­nal­is­ier­en. Solid­ar­is­ier­en. Mobil­is­ier­en. Dok­u­mentier­en. Posts und Artikel zirkulier­en. Fehler kor­ri­gier­en. Peti­tion­en sig­nier­en. Protestier­en! Trotzdem immer ver­lier­en. Was tun, wenn die Hand­lung­sop­tion­en dav­on­bröck­eln? Wenn die Ohn­machtsge­fühle angesichts des erstarkenden Faschis­mus und der begonnen­en Kli­makata­strophe nur größer und größer wer­den? Zeit für ein­en krit­ischen Rückblick auf das eigene polit­ische Han­deln. Wo bleiben die Mor­gens­mög­lich­keiten? Wie erhält man dre­iste Hoffnung aufrecht? Und was hat das alles mit Partisan:innen und Poesie zu tun?

Sofia Bem­peza (in Eng­lisch): POETRY as PRAC­TICE of LOVE and CONTAMINATION

Stell dir vor, du tippst auf ein­er schwar­zen Seite auf dem Bild­schirm, aus­ge­hend vom Abgrund des Meeres, der nicht Nichts ist. Meine Seite ist dunkel­blau, so durch­sichtig wie das Wasser der Ägäis, so dunkel wie die Wel­len des Ozeans. Poesie und exper­i­mentelles Schreiben sind Werkzeuge, um Erin­ner­ungen, Ideen und Gefühle zu ver­weben, um Zeugnis abzule­gen und um un/mögliche (kollekt­ive) Geschicht­en zu erzäh­len. Poesie ist auch ein Werkzeug, um die vorherrschende(n) Sprache(n) zu kontamin­ier­en und zu entwer­ten, und ein Weg, um unsere Träume und Begehren zu vergegenwärtigen.

Yosi Wanunu (in Eng­lisch): The Ver­sions Game

Der Rashomon-Effekt tritt auf, wenn Menschen ein und dasselbe Ereignis auf sehr unter­schied­liche (oft wider­sprüch­liche) Weise bes­chreiben. Können wir die Rashomon-Meth­ode nutzen, um die kom­pliz­ierte Geschichte der heut­i­gen polit­ischen Krise zu erzäh­len? Gibt es eine Mög­lich­keit, eine Aufführung zu inszen­ier­en, die diesen Dia­log der Gegensätze sowohl als Erzählung als auch als Ana­lyse nutzt?

Kübra Ata­soy: Rassismuskritik im Span­nungs­feld von Recht und Politik

Eine Rassismuskritik zu entwick­eln, die his­tor­isch-konkret ihre Bedin­gun­gen ana­lysiert, und daraus eine effekt­ive anti­r­assistische Prax­is abzuleiten, ist nicht nur not­wendig, sie ist mög­lich. Kübra Ata­soy teilt ihre Erfahrungen mit rassismuskrit­ischer Bildung­sarbeit, die nicht nur die öko­nomis­chen Ver­bindun­gen zur Entstehung von Rassis­men unter­sucht, son­dern auch nicht-weiße Rassis­men inkludiert. Mit Erfahrungs­bericht­en aus der Arbeit von Asyl in Not und den Back­stor­ies von Klient:innen zeigt sie, wie wir kom­plexe Gleichzeit­igkeiten nicht nur aus­h­al­ten, son­dern effekt­iv bearbeiten können.

WORK­SHOP-SES­SIONS | 17:00 – 18:30
Olja Alvir (Uni­versität Wien), Kübra Ata­soy (Asyl in Not), Sofia Bem­peza (Uni­versität für Ange­wandte Kunst Wien) & Yosi Wanunu (tox­ic dreams)

Olja Alvir: Das Unmög­liche üben oder: Unwahr­schein­liche Übereinkün­fte wagen

Anti­faschis­mus und Antikapit­al­is­mus sind die all­täg­liche Aus­übung des Unmög­lichen. Doch wie kom­mt man an das Unmög­liche her­an? Auf dem unsteten Ter­rain der Poesie, natür­lich. Wir schmieden Worte für das Unvor­stell­bare. Dabei dehnen wir nicht nur die indi­vidu­elle Vor­stel­lung­skom­pet­enz, son­dern wir testen auch unreal­istische Arten der Zusammen­arbeit aus. Olja Alvir stellt in ihr­em Work­shop Tech­nik­en für poet­isches Schaf­fen vor und zieht anhand der Prozesse der Poesie Par­al­lelen zum polit­ischen Han­deln. Dabei entsteht ein Umwelt­labor für waghalsige Wortschöp­fun­gen; ein Kraft­train­ing­szen­trum für Spra­c­hutopi­en. Es gilt nach Frank Ruda: »Invent­ing a new ink means to speak in an impossible lan­guage words that artic­u­late an impossible proposal.«

Sofia Bem­peza (in Eng­lisch): POETRY as PRAC­TICE of LOVE and CONTAMINATION

Poesie ist kein Lux­us, son­dern »eine lebenswichtige Not­wendigkeit«, die dem Unbenan­nten und noch nicht Gedacht­en Leben und Stimme ver­lei­ht und so die gesell­schaft­lichen Kräfte über­win­det, die die Erfahrungen (schwar­zer) Frauen zum Sch­wei­gen brin­g­en. Inspir­iert von Audre Lordes Stand­punkt wer­den wir* uns im poet­ischen Schreiben üben, um mitein­ander in Bez­iehung zu tre­ten, um un/mögliche Geschicht­en zu erzäh­len und uns polit­isch zu enga­gier­en. Für die Teil­nahme sind keine poet­ischen oder sprach­lichen Vorken­nt­n­isse erforder­lich – wir* ver­trauen auf die Ver­bindun­gen zwis­chen unser­er irdis­chen Umge­bung, den poly­phon­en Geschicht­en und den Bez­iehun­gen zu mensch­lichen und nicht-mensch­lichen Freund*innen, unser­en Geliebten, den Orten, an den­en Leben, Arbeit, Bewe­gung, Käm­pfe etc. stattfinden.

Yosi Wanunu (in Eng­lisch): Are you talk­ing to me?

»Im Gespräch gibt es keine ‘Wahrheit’ zu ent­deck­en, kein­en Satz zu beweis­en, keine Schlussfol­ger­ung zu suchen. Was zählt, ist der Fluss der Speku­la­tion.« (Michael Oakeshott) An einem bestim­mten Punkt haben wir aufge­hört zu reden. Ja, wir haben gechat­tet, gepostet, ges­chrien und unsere Mein­un­gen von allen Däch­ern und sozialen Net­zwerken kun­d­get­an, aber wir haben uns nicht mehr unter­hal­ten. Wir haben aufge­hört, Gespräche auf die alt­modis­che Art und Weise zu führen: Auge in Auge, zuhören, die Sicht­weise der ander­en Per­son zulassen und Zeit und Raum geben. Was wird ges­chehen, wenn wir das Gespräch beibe­hal­ten, aber die Debatte unter­bind­en? Was wäre, wenn wir ein Tref­fen auf einem öffent­liche Platz ver­an­stal­ten würden, anstatt vor Gericht zu sitzen? Was wäre, wenn die Menschen nicht über ihre unter­schied­lichen Ver­sion­en eines Ereign­isses oder ein­er sozialen Frage streit­en, son­dern sich auf dram­at­ische Weise über Ideen unter­hal­ten und ver­suchen würden, eine gemein­same Basis zu finden?

Kübra Ata­soy: Rassismuskritik im Span­nungs­feld von Recht und Politik

In diesem Work­shop wird mit den Teilnehmer:innen tiefer in Rassismuskritik im Span­nungs­feld von Recht und Politik eingestie­gen, wobei den Teilnehmer:innen hier eine Flex­ib­il­ität einger­äumt wird, ob der Schwer­punkt in der Prax­is oder in der The­or­ie lie­gen darf. Prax­is: jur­istisches Werkzeug für polit­ische Arbeit – wer Asyl erkäm­pft, kann auch Delo­gier­ungen ver­hindern. The­or­ie: race als Erschein­ungs­form von class – die kom­plexe Bez­iehung zwis­chen race und class am Beis­piel Hait­is. Beson­der­en Raum soll die Frage erhal­ten, wovor wir die Augen ver­schließen, wenn wir vom Rassismus sprechen. 

ABSCHLUSSPRÄSENT­A­TION & – DISKUS­SION | 18:45 – 19:30
SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE

PER­FORM­ANCE | 19:30 – 20:30
Muham­met Ali Baş

Wofür lohnt es sich zu käm­p­fen, wenn nicht für eine Zukun­ft ohne Kris­en? Und wie kann diese (andere) Zukun­ft uns in unser­er Geg­en­wart von Kris­en stärken? Im Rah­men von »THROUGH THE DARK« beruft das Volk­skun­demu­seum Wien gemein­sam mit dem Kur­at­or und Sprac­h­künst­ler Muham­met Ali Baş den Situ­ation Room ein – eine per­form­at­ive Ver­sammlung, in der Künstler:innen, Visionär:innen und Besucher:innen gemein­sam eine (andere) Zukun­ft entwer­fen. Eine Zukun­ft, die noch nicht existiert, aber ermög­licht wer­den kann. Wie wäre es, wenn alle Bewohner:innen das Wahlrecht hät­ten, unab­hängig von ihr­em Pass? Was, wenn Menschen, die vor Umweltkata­strophen fliehen, ein Recht auf Asyl bekä­men? Oder wenn Bildung so gestal­tet wäre, dass sie vielfältige Per­spekt­iven zulässt? Und wie wäre es, wenn Arbeit als gemeinsch­aft­lich­er Beitrag ver­standen und ein bedin­gungsloses Grundeinkom­men einge­führt würde? Im Situ­ation Room sam­meln wir fikt­ive, per­sön­liche sow­ie kollekt­ive Erin­ner­ungen an sol­che (ander­en) Zukün­fte. Dam­it wollen wir neue Kraft und Ideen gewinnen, um autor­itäre Struk­turen zu über­winden, Wider­stand weit­erzuentwick­eln und Solid­arät ins Zen­trum unseres Zusam­men­lebens zu rück­en. Alle sind ein­ge­laden, ihre Vis­ion­en einzubringen!

AUS­S­TEL­LUNG | Gan­ztä­gig
Flori­an Rainer

Beg­leitet wird das Sym­posi­um von der Aus­s­tel­lung des Pro­jekts »neigh­bors« des Foto­grafen und Sozi­olo­gen Flori­an Rain­er: In »Nachbarn« geht es um soziale Klassen und Migra­tion. Es geht um Ent­frem­dung und Wieder­an­näher­ung. Es geht um die Mög­lich­keit des Mitein­anders, und es wird die augenschein­liche Dif­fer­enz zwis­chen Ans­pruch und Real­ität inter­kul­turel­len Aus­tauschs anhand sozi­olo­gis­cher The­ori­en der let­zten hun­dert Jahre erklärt. Sex und Dro­gen kom­men vor, aber auch Heim­werken und Kin­der­erziehung, das Älter­wer­den. Die junge Fam­ilie wird them­at­is­iert, und wie sie sich in einem nicht gentri­f­iz­ier­ten Migrant:innenviertel ver­hält. Der Text beans­prucht nicht nur indi­vidu­elle Gültigkeit son­dern bes­chreibt auch das link­slib­erale Mit­telschicht­sum­feld des Autors. Darüber hinaus wer­den Myth­en des Wien­er All­tags them­at­is­iert und gerade­ger­ückt. Es ist eine All­tags­geschichte aus einem der ärm­sten Bezirke Wiens (ohne diesen zu ben­ennen), und ein ana­lyt­isches Fram­ing der Migrationsdebatte.

Mitwirkende

Olja Alvir ist Schrift­s­teller­in, lit­er­ar­ische Über­set­zer­in und Jugo­lo­gin. Als polit­ische Kom­ment­at­or­in und Kul­turkritiker­in pub­liz­ierte sie Essays und Report­agen in ver­schieden­en deutschs­prac­hi­gen Medi­en, allen vor­an dem ehem­a­li­gen Migrant:innenressort von Der Stand­ard, „daSt­and­ard“. Als Lyriker­in ist Olja Alvir Pre­is­träger­in des wirsindle­senswert-Wettbe­w­erbs, zulet­zt erschi­en ihr mehr­sprac­hi­ger Gedi­cht­band Spielfeld/Špilfeld/Playground (2022). Im April 2025 wurde STOP – From Macho to Dav­ičo im Wien­er brut Theat­er uraufge­führt: Zu dieser Per­form­ance über den jüdisch-jugoslaw­is­chen Bal­letttän­zer und Anti­faschisten Lujo Dav­ičo lieferte Alvir gemein­sam mit Barbi Marković den Text. Die „Jugošlawien­er­in“ forscht gerade an der Uni­versität Wien zu jugoslaw­is­chen Partisan:innen und fragt nach ein­er Akt­ivier­ung des anti­faschistischen Erbes im Heute.

Kübra Ata­soy ist Vorsitzende des Ver­eins Asyl in Not, ein­er polit­ischen Menschen­rechts-NGO, die Geflüchtete im Asylver­fahren ber­ät und ver­tritt und daraus polit­ische Kam­pagnen und Inhalte entwick­elt. Sie ist Anti­r­assismus-Exper­tin (Schwer­punkt Arbeiter:innengeschichte/Klasse und Rassismus), langjährige polit­ische Akt­iv­istin, Rechts­bera­ter­in und Lin­guistin. In ihr­er Bildung­sarbeit entwick­elt sie polit­ische Ana­lysen zu den Verknüp­fun­gen zwis­chen Rassismus, Islam­is­mus und Geo­pol­itik und schult zum Organisationsaufbau.

Muham­met Ali Baş stud­ierte Sprac­h­kunst und Aus­s­tel­lung­sthe­or­ie und ‑prax­is an der Uni­versität für ange­wandte Kunst Wien. Als Sprac­h­künst­ler arbeitet er inter­d­iszip­linär zu The­men wie Sprache, Erin­ner­ung, Repräsent­a­tion und Rassismus. In Com­muni­typro­jek­ten in diversen Kon­stel­la­tion­en ver­mit­telt er künst­lerische und lit­er­ar­ische Prax­en zu Empower­ment und Selbstwirk­samkeit. Zulet­zt arbeitete er als Kur­at­or und Ver­mit­tler für die Tan­gente St. Pöl­ten sow­ie als Kul­turver­mit­tler im Welt­mu­seum Wien.

Sofia Bem­peza ist Künst­ler­in, Kunst-/Kul­tur­the­or­etiker­in, Dich­ter­in (she-dandy) und Päd­ago­gin, derzeit Pro­fess­or­in für Kunst und Kom­munikat­ive Prax­is an der Uni­versität für ange­wandte Kunst Wien. Sie* arbeitet oft kollab­or­at­iv mit ander­en Kul­turschaf­fenden, Künst­ler­Innen, Dich­ter­Innen und Hexen.

Georg Blok­us, 1987 in der Nähe von Dan­zig geboren, ist Psy­cho­loge, lebt in Ber­lin und arbeitet euro­pa­weit als polit­ischer Kur­at­or, Künst­ler, Train­er, Mod­er­at­or, Berater und Autor mit pro­gress­iven sozialen Bewe­gun­gen, Gew­erkschaften und zivil­gesell­schaft­lichen Organ­isa­tion­en, Kul­tur­insti­tu­tion­en und migrantischen Com­munit­ies. Er arbeitet an der Schnitt­s­telle von Com­munity Organ­iz­ing, Bildung und Kunst und schafft trans­form­at­ive Räume, in den­en Solid­ar­ität und Mensch­lich­keit zur gelebten Erfahrung wer­den können. Derzeit leitet er die SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE, nachdem er zuvor Dir­ect­or und Head of Organ­iz­ing Edu­ca­tion des Ber­lin Hub von European Altern­at­ives und der School of Transna­tion­al Organ­iz­ing war.

Elisa Calosi stud­ierte Medi­en – Kul­tur – Kom­munika­tion in Deutsch­land, Frankreich und Bul­gari­en. Von 2012 bis 2014 war sie Lei­t­er­in der Abteilung Kunst und Kul­tur der Inter­na­tionalen Eli­as Canetti Gesell­schaft in Ruse (Bul­gari­en). Im Jahr 2015 war sie Fel­low für Kun­stkoordin­a­tion an der Akademie Schloss Solitude. Sie entwick­elte und leitete zahlreiche Pro­jekte, von Lit­er­at­urfest­ivals bis hin zu Kun­stauss­tel­lungen, Theat­eraufführungen und Fil­men, mit einem Schwer­punkt auf inklus­iven und par­tiz­ip­at­iven Formaten. Seit 2016 lebt sie wieder in Ber­lin und arbeitet als freiberu­f­liche Kul­tur­ma­na­ger­in für das IIPM – Inter­na­tion­al Insti­tute of Polit­ic­al Murder, die SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE und andere Kul­tur­insti­tu­tion­en und polit­ische Organisationen.

Jan Nigge­mann ist wis­senschaft­lich­er Mit­arbeit­er beim Öster­reichis­chen Insti­tut für Erwach­sen­en­bildung (oieb) und Lekt­or an der Uni­versität Wien. Er hat Erziehung­swis­senschaften, Neuere Geschichte und Sozi­olo­gie an der Freien Uni­versität zu Ber­lin stud­iert und an der Goethe-Uni­versität Frank­furt am Main zu päd­ago­gis­cher Autor­ität pro­moviert. Er arbeitet als Erziehung­swis­senschaftler, Erwach­sen­en­bild­ner, Autor, Speak­er und Ref­er­ent im Bereich der außer­schulis­chen kul­turel­len Bildung und zu Fra­gen sozialer Ungleich­heit in der non­for­m­alen Bildung. Seine Forschungs- und Arbeitsschwer­punkte sind: Erwach­sen­en­bildung, Päd­ago­gis­che Autor­ität, Dif­fer­enz und Zuge­hörigkeit, Soziale Ungleich­heit, Klasse/Klassismus, Poesie und Ästhet­ik in päd­agog­sichen Formaten und thera­peut­ischen Set­tings, Bildung­sthe­or­ie und Cul­tur­al Studies.

Flori­an Rain­er (*1982 in Leo­ben, Öster­reich) lebt und arbeitet als Foto­graf, Sozi­ologe und Künst­ler in Wien. Er beschäftigt sich u.a. mit der bio­graph­is­chen Beding­theit des Sehens, sozialen Phäno­men­en in Gren­z­s­itu­ation­en sow­ie Migra­tion und Klasse. Foto­grafie dient ihm als Meth­ode und Portal.

Csen­ge Schneider-Lon­hart ist eine Kul­tur­or­gan­izer­in und Akt­iv­istin. Bei European Altern­at­ives Ber­lin und der SCHOOL OF POLIT­IC­AL HOPE wid­met sie sich dem Auf­bau mächti­ger, transna­tionaler und intersek­tionaler Net­zwerke, die die Solid­ar­ität zwis­chen Bewe­gun­gen stärken. Sie hat in Cluj (Rumäni­en) Theat­er stud­iert, während sie in der lokalen Wohnungs­bau-Bewe­gung mit Social Hous­ing Now und der European Action Coali­tion akt­iv gegen urbane Gentri­f­iz­ier­ung und Ver­drän­gung und für das Recht auf Wohnen und die Stadt käm­pfte – eine Erfahrung, die ihr Engage­ment in Kunst, Bildung und Politik geprägt hat. Sie glaubt an die Kraft der Für­sorge, des Ver­trauens und der Kreativ­ität als grundle­genden Werkzeu­gen für sozialen Wan­del und den Wider­stand gegen Ent­frem­dung und Fremdenfeindlichkeit.

Yosi Wanunu ist Regis­seur und Autor, stud­ierte Kun­st­geschichte, Theat­er und Film in Israel, Europa und den USA. Auf sein­en mehr­jährigen welt­weiten Arbeit­s­reis­en train­ierte er viele Spiel­tech­nik­en und Inszen­ier­ungs­meth­oden. Vor seinem Umzug nach Wien im Jahr 1997 lebte und arbeitete er acht Jahre lang in NYC , u.a. im BCBC, im Ohio Theatre, La Mama ETC, im Here und im Onto­lo­gic­al-Hys­ter­ic Theatre von Richard Fore­man. Er ist Mit­be­gründer und künst­lerischer Leit­er des Labels tox­ic dreams, mit dem er seit 1997 mehr als 80 Eigen­produk­tion­en real­is­ierte. Daneben arbeitet er mit ander­en freien Grup­pen sow­ie im Auftrag von Insti­tu­tion­en im europäis­chen Raum; Vorträge und Lehrtätigkeit im Performancebereich.

Team

Kur­at­or: Georg Blokus

Kur­at­or­ische Assist­entin: Csen­ge Schneider-Lonhart

Produk­tion: Elisa Calosi

Pro­grammlei­tung: Her­bert Just­nik (VKM)

Presse: Johanna Amlinger & Ges­ine Stern (VKM)

Ver­mittlung: Kat­rin Prankl & Kath­ar­ina Richter-Kovarik (VKM)

Produk­tion: Lena Flatscher (VKM)

Tech­nik: Clem­ens Posch (VKM)

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